Das Thema Abfallentsorgung wird in unserem Alltag immer wichtiger. Mehr und mehr Menschen wollen – wo es geht – auf Plastik verzichten und einen möglichst kleinen Fußabdruck auf dieser Erde hinterlassen. Darauf reagiert die Wirtschaft besonders in der Produktion von Verpackungsmaterial, bei welchem bisher besonders viel (Plastik-)Müll angefallen ist. Viele Verpackungen bekommen jetzt Labels wie “recycelt, “recycelbar”, “biologisch abbaubar” oder “kompostierbar”.
In unserem vorherigen Beitrag über Recycling ist bereits herausgekommen, dass die biologisch abbaubaren Kunststoffe keine gute Alternative bieten, da sie sich gar nicht unbedingt schneller zersetzen, als herkömmliches Plastik und aufgrund der chemischen Zusatzstoffe den Recyclingprozess erschweren.
Daher sollten kompostierbare Materialien doch der bessere Weg sein, da sie in den Biomüll dürfen und da natürlich verrotten können, oder? Wir haben mit Tilo Dumuscheit von der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln (AVG), die unter anderem eine große Kompostierungsanlage in Niehl betreiben, gesprochen.
Dort werden im Jahr über 100 000 Tonnen biogener Abfall in qualitativ hochwertigen Kompost verwandelt. Diese kommen zum Großteil aus Köln, u. a rund 40 000 Tonnen Müll aus den Biotonnen der Bürger*innen. Daneben gewerblichen kompostierbaren Abfällen beispielsweise aus dem Garten-Landschaftsbau, sowie Abfällen der Stadt Köln wie Friedhofsabfälle.
Die hohe Qualität des entstehenden Komposts führt Dumuscheit darauf zurück, dass die Biotonne ein freiwilliges Angebot ist, das jedem Hausbesitzer gemacht wird. Sie ist aber kein Muss, weshalb diejenigen, die sich für eine Biotonne entscheiden, diese auch richtig nutzen und nur organische Abfälle hineinwerfen. “Der Bioabfall, der gesammelt wird, hat einen Störstoffanteil, also der Anteil von Abfällen, die da eigentlich nicht reingehören, von um die 1%. Das ist für eine Großstadt sensationell. Es gibt keine Großstadt in Deutschland, die solche tollen Inputmaterialien hat”, so Dumuscheit.
Bio-Hausabfälle sind also in der Verwertung zu Kompost effektiv und unproblematisch. Aber, wie sieht das bei den kompostierbaren Verpackungen und Verbrauchsgegenständen aus? Wir haben als Beispiel Teller aus Bagasse und FSCW-zertifiziertes Holzbesteck in Folie aus Milchproteinen eingepackt, eine Art “nachhaltiges Party Set”, das laut Herstellern kompostierbar und innerhalb von drei Wochen verrottet ist.
Kann das in der Kompostieranlage der AVG Kompostierung verwendet werden und die Rottezeit von drei Wochen bestätigt werden? Dumuscheit sagt klar: Nein. “Wir haben Durchlaufzeiten hier von vier bis sechs Wochen, die Regel sind vier Wochen Rottezeit und in dieser Zeit verrotten solche Teile nicht. Wir sehen das eher als Hindernis und es bietet überhaupt keinen Beitrag zur Qualität des Kompostes, von daher gehört sowas eigentlich eher in den Restmüll.”
Außerdem könnten die Mitarbeiter an den Sortierungsanlagen kompostierbare Kunststoffe nicht von herkömmlichen unterscheiden, gerade wenn diese noch verdreckt seien, und sortierten sie ohnehin aus. Dumuscheit hält fest: “Diese Sortierleistung können wir gar nicht erbringen und sind deshalb sehr dagegen, dass sowas in die Biotonne kommt.”
Er sagt aber, diese kompostierbaren Materialien seien eine Alternative für herkömmlichen Restmüll, da sie sich mit der Zeit zersetzen und so die großen Müllberge dezimieren könnten: “Solche Materialien würden vielleicht helfen, dass wir nicht mehr so viel Abfall in Dritte-Welt-Länder exportieren müssen und, wenn es dann schon passiert, dann auch in einem halben Jahr verrottet und kein Problem mehr für die Umwelt darstellt.”
Am besten wäre es aber, da wo es geht auf die Verpackung komplett zu verzichten. Dumuscheit sagt, der Trend gehe immer mehr in die Richtung “Zero Waste” und unverpackt. So wird zurzeit an einem Zero Waste-Konzept für die Stadt Köln gearbeitet, das die Vermeidung von Müll als zentrales Ziel hat. Dabei spielen dann Mehrwegangebote die tragende Rolle, welche Dumuscheit auch als Möglichkeit für den Versand ansieht. Zumindest große Konzerne, die sich die Organisation leisten können, könnten eine Art Pfandsystem für die Versandverpackungen einführen, um diese immer wiederverwenden zu können. In den Läden sei unverpackt der richtige Weg. Dumuscheit denkt auch, dass, je mehr das Umweltbewusstsein der Menschen und damit der Versuch der Abfallvermeidung steigt, desto weniger werden sie online shoppen und wieder mehr vor Ort in den Läden einkaufen.
Die nachhaltigste Verpackung ist also gar keine, darauf folgt Papier und Kartonage. Das Material ist schließlich zu 100% recycelbar, ist eindeutig identifizierbar und somit leicht für die Sortierung und den Recyclingprozess erkennbar. So entsteht ein Verwertungskreislauf.
Abschließend sagt Dumuscheit: “Wir befinden uns im Moment vielleicht sogar erst am Beginn einer Entwicklung. Die Abfallbranche hat in den letzten 20-30 Jahren technologisch einen Riesenschub nach vorne gemacht und diejenigen, die die Produkte sind uns immer ein Schritt voraus. Ein neues Produkt sollte von seinem Ende hergedacht werden. Was kann damit geschehen, wenn es nicht mehr gebraucht wird. Da stehen wir aber noch am Anfang. Es gilt, ins Gespräch zu kommen, damit wir gemeinsam mit den Produzenten Wege finden, wie man das Produkt konzipiert, um es entweder wiedereinzusetzen, es stofflich oder thermisch recyceln zu können.“